Bei einem Fachgespräch zum Thema „Flucht in Kolumbien“ berichteten vier kolumbianische Gäste von ihrer Arbeit mit Geflüchteten und Vertriebenen.
Geflüchtete zu integrieren und sie bestmöglich zu unterstützen ist in Deutschland und Kolumbien nicht nur ein aktuelles Thema, sondern auch eine große Herausforderung. Welche Gemeinsamkeiten es dabei in den beiden Ländern gibt, welche entscheidenden Unterschiede aber auch vorliegen, war Kern eines Fachgespräches. Am Mittwoch, 22. März, kamen mehr als 40 interessierte Gäste in die Katholische Hochschule um mit vier kolumbianischen Gästen ins Gespräch zu kommen.
William Télez Zembrano und Paola Sanchez Poveda der Organisation „Hogar del Niño“ sowie Rubén Gomez Avila und Luis Páez der NGO „Concern Universal“ berichteten anschaulich von ihrer täglichen Arbeit mit Vertriebenen und Geflüchteten. Sie erklärten, warum es so viele Binnenflüchtlinge in ihrem Land gibt und welche Schwierigkeiten damit einhergehen, aus seiner Heimat vertrieben zu werden und in einen anderen Landesteil zu flüchten. Die Kinder und Jugendlichen, die in ihren Einrichtungen betreut werden, werden gesundheitlich und psychosozial versorgt, bekommen Zugang zum Bildungssystem, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und Chancen auf politische Teilhabe. „Unsere Aufgabe ist es, das Schreien der Kinder zu hören und uns für ihre Rechte einzusetzen“, brachte es Rubén Gomez Avila bildhaft auf den Punkt.
Seinem Kollegen William Télez Zembrano war wichtig zu unterstreichen, welche Rolle der Zusammenhalt in Kolumbien spielt: „Wir sollten nicht nur mit Vertriebenen arbeiten, sondern auch mit Nicht-Vertriebenen. Alle haben Menschenrechte.
Wir sind aufgerufen, solidarisch zu sein, sollten keine Grenzen zwischen uns bauen, sondern uns unterstützen.“ Ausgrenzung und Diskriminierung gehören genauso zum Alltag der Vertriebenen wie Heimat- und Kulturverlust, Zukunftsangst und Traumatisierung – in Kolumbien genauso wie in Deutschland.
Der Brückenschlag zwischen den beiden Ländern gelang während des mehr als zweistündigen Fachgesprächs besonders gut, da sich das Publikum nicht nur auf Fragen beschränkte, sondern auch eigene Erfahrung aus der Flüchtlingsarbeit und -seelsorge hierzulande in die Diskussion einbrachte. Aber auch die gestellten Fragen waren teils sehr spezifisch und stiegen tief in die politische Situation Kolumbiens ein. Man stehe noch am Anfang des Friedensprozesses, sagte Luis Páez. Kolumbien stehe ein langer Weg mit mehreren Etappen bevor, da alte Probleme weiterbestehen oder neue auftauchen könnten. „Alle müssen sich in dieser komplexen Situation beteiligen, das braucht Geduld. Mit den Unterschriften unter dem Friedensvertrag ist nicht alles wieder gut“, sagte Páez mit Blick auf das im November in Havanna geschlossene Abkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla. Páez: „Jeder von uns trägt eine große Verantwortung für den Frieden: die katholische Kirche, die Vereinten Nationen, das Rote Kreuz und wir als soziale Organisationen.“ Dabei kritisierte er offen, sein Land sei gut darin, gute Gesetze zu machen, aber bei der Umsetzung hapere es. Als Abschluss für einen Abend, der alle Anwesenden zum Nachdenken und Verändern anregte, fang Luis Páez genau die richtigen Worte, die im Kern für beide Ländern gelten: „Der Friedensvertrag ist nicht das Ende. Er ist ein Mittel, damit wir uns an den Kopf und ans Herz fassen, um ein Land zu bauen, dass wir lieben und in dem wir in Frieden leben.“
Überblick: Kolumbien im Umbruch (PDF)