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Prävention sexualisierter Gewalt in den Kinder- und Jugendverbänden: Ein Rund-um-Konzept für mehr Kindeswohl

30. Juli 2020

Prävention sexualisierter Gewalt in den katholischen Kinder- und Jugendverbänden des Bistums Aachen ist einer unserer Arbeitsschwerpunkte. Aber was heißt das überhaupt? Was hat das Ganze mit solchen Schlagwörtern wie „Aufmerksamkeit“ oder „Nähe und Distanz“ zu tun?

Das Wort Prävention kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie „vorbeugen“. Mit unserer Präventionsarbeit wollen wir also vorbeugen, dass es zu Fällen von Grenzverletzungen, Übergriffen und sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kinder- und Jugendverbände kommt. Wir möchten ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche sein, an dem sie sich entfalten und entwickeln können. Ein Ort, an dem sie keine Angst vor Gewalt und Übergriffen haben müssen. Darum ist das Kindeswohl insgesamt ein zentraler Bezugspunkt unserer Arbeit.

Die Anfänge unserer Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt

Prävention sexualisierter Gewalt begleitet uns in unserer Arbeit deshalb schon lange. Bereits 1993 gab es einen Grundlagenbeschluss der Bundeskonferenz Frauenjugend des BDKJ hierzu, welchem sich dann auch der Hauptausschuss anschloss. Damals lag der Blick noch auf der sexualisierten Gewalt gegen Mädchen und Frauen. So wie sich die Debatte um sexualisierte Gewalt gesamtgesellschaftlich differenziert hat, wurde die Thematisierung auch in den Jugendverbänden breiter. In allen Jugendverbänden gibt es mittlerweile Beschlüsse und Leitlinien zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt und Kindeswohl. Auf dieser Basis gestalten wir seitdem unsere alltägliche und umfassende Arbeit für den größtmöglichen Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Unsere Aufgabe als Dachverband

Auch zukünftig werden wir alles dafür tun, um die Kinder und Jugendlichen, die uns anvertraut werden, zu schützen und das Thema präsent zu halten. Wir sind uns unserer Mitverantwortung bewusst, wenn es in der Kirche zu weiteren Ersttaten kommt. Wir setzen uns darum insbesondere dafür ein, Strukturen und Haltungen in der Kirche zu identifizieren, die sexualisierte Gewalt begünstigen, und sie konsequent zu verändern.

Annette Jantzen, Geistliche Verbandsleitung BDKJ Aachen. Aus: Prävention sexualisierter Gewalt – Beschlüsse, Leitlinien, etc. der katholischen Kinder- und Jugendverbände im Bistum Aachen, Februar 2019.

Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt: Ein breit gefächertes Spektrum

Präventionsarbeit ist dabei sehr breit und vielfältig. Dazu zählen unter anderem die Information und Schulung aller Verbandler*innen zu den Themen sexualisierte Gewalt und Interventionsmöglichkeiten (z.B. über Präventionsschulungen). Darüber hinaus entwickeln wir Beratungsangebote (z.B. durch die Präventionsfachkräfte) und erarbeiten eigene Handlungsleitfäden, die sexualisierte Gewalt strukturell verhindern sollen (siehe z.B. unser Institutionelles Schutzkonzept). Sich mit anderen Organisationen und Netzwerken auszutauschen sowie öffentlich dafür einzutreten, dass sexualisierte Gewalt ein Thema ist und nicht verschwiegen werden darf, sind weitere Aufgaben, die wir als Dachverband der katholischen Kinder- und Jugendverbände im Bistum Aachen übernehmen.

Prävention sexualisierter Gewalt im Alltag: Mit der richtigen Haltung

Ein wichtiger Teil von und vielleicht sogar die Voraussetzung für die wirksame Prävention von sexualisierter Gewalt ist, die richtige Haltung zum Thema einzunehmen. Das bedeutet, stets gegen jegliche Arten von Übergriffen (z.B. auch in Form von Sprache) einzutreten und diese weder in der Jugendverbandsarbeit noch im Alltag zu tolerieren. Erst mit einer solchen Haltung werden wir wirklich sensibel für jede Form von übergriffigem Verhalten. Hierbei ist das wichtigste Gebot: Augen und Ohren aufhalten! Wenn jemand etwas andeutet oder wenn ihr etwas seht, was euch komisch vorkommt: seid aufmerksam! Seht hin, hört zu und holt euch Hilfe, Rat oder eine zweite Meinung. Wenn alle aufmerksam sind, dann ist schon ein wichtiger Schritt in der Prävention sexualisierter Gewalt getan.

Prävention sexualisierter Gewalt in den Kinder- und Jugendverbänden: Mit dem richtigen Umgang von Nähe und Distanz

Mit Blick auf Prävention sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit sehr wichtig, aber auch herausfordernd, ist ein bewusster Umgang mit dem Bedürfnis von Nähe und Distanz. In Gruppen und unter Menschen ist eine gewisse Nähe wichtig und notwendig.

Aber es kann auch ein zu viel an Nähe geben. Und plötzlich wird eine Umarmung unangenehm oder auch grenzverletzend, die eigentlich nur gut gemeint war. Denn jede*r hat ein unterschiedliches Nähe-Distanz-Empfinden und -Bedürfnis. Was für den*die völlig normal ist, ist dem Gegenüber vielleicht schon zu nah. Hier einen richtigen Umgang zu finden, der allen gerecht wird, klingt zunächst schwierig. Aber auch dabei können Aufmerksamkeit und die richtige Haltung helfen!

Oft kann man über die Körpersprache, die Mimik und die Gestik ablesen, ob es einer Person zu nah ist. Hierfür gibt es viele Übungen, die die Aufmerksamkeit noch einmal schärfen. Jede*r kann dabei lernen, auf die Körpersprache der*des Gegenübers zu achten sowie selbst Signale zu setzen, wenn einem jemand zu nahekommt.

Prävention sexualisierter Gewalt in den Kinder- und Jugendverbänden: Leitungen sind Vorbilder

Ebenso wichtig ist die Haltung in der Gruppe zu etablieren, dass es okay und richtig ist, das eigene Bedürfnis nach Nähe und Distanz auszudrücken. Hier ist die Gruppenleitung gefragt!

Als Leitung kann man den sensiblen Umgang mit Nähe und Distanz in der Gruppe durch die eigene Kommunikation unterstützen. So sollte ein Kind beispielsweise erst gefragt werden, ob man es zum Trösten in den Arm nehmen darf, bevor man dies einfach macht.

Und natürlich ist nicht nur das Nähe-Distanz-Bedürfnis der Kinder und Jugendlichen zu bewahren, sondern auch von den Gruppenleitungen selbst! Als Vorbildfunktionen sollen sie klar ausdrücken, wenn ihnen etwas zu nah wird. So unterstützen sie gleichzeitig das Entwickeln einer präventiven Haltung in der Gruppe. Die Basis für den richtigen Umgang mit Nähe und Distanz sowie für die Entwicklung einer inneren Haltung zur Prävention sexualisierter Gewalt legen wir in den Präventionsschulungen, an denen alle Gruppenleitungen und Mitarbeiter*innen der Kinder- und Jugendverbände teilnehmen.


Kontakt zur*zum Referent*in für Aus- und Fortbildung & Prävention