Seit Beginn der Corona-Pandemie gerieten Schlachthöfe in Deutschland mehr als einmal in die medialen Schlagzeilen. Wenn Covid-19-Infektionen unter Arbeiter*innen in Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsbetrieben vorgekommen sind, hat sich das Virus in den Betrieben häufig rasant verbreitet. Damit einher gingen Enthüllungen über die Arbeitsbedingungen in den Betrieben und die hohe Arbeitsmigration in der Branche.
In der Schlachtindustrie in Deutschland gibt es heute immer weniger Stammbeschäftigte. Die Zahl der Arbeitsmigrant*innen aus den osteuropäischen Ländern wie beispielsweise aus Rumänien, Polen, Ungarn, Bulgarien oder der Ukraine ist extrem hoch.
Die Arbeiter*innen werden wie Verschleißmaterial behandelt; die Arbeitsbedingungen erinnern an moderne Sklavenhaltung. Extrem lange Arbeitszeiten, stressige Arbeit auf engstem Raum, keine Pausen, Verstöße gegen das Arbeits- und Mindestlohngesetz, mangelhafte hygienische Zustände am Arbeitsplatz und in den beengten Sammelunterkünften sind in den vergangenen Monaten in den Medien immer wieder thematisiert worden. Arbeiter*innen sind durch die Zustände permanent ausgelaugt und dadurch anfälliger für sämtliche Krankheiten.
Wie können wir uns vor dem Hintergrund dieser Tatsachen verhalten? Was können wir tun, damit dieses System nicht weiter bedient wird?
Zunächst können wir selbst auf unser Konsumverhalten achten. Esse ich Fleisch und wenn ja, wie viel? Kaufe ich Fleisch beim Discounter zu Dumping-Preisen? Achte ich darauf, dass es aus guter Herkunft kommt und unter guten Arbeitsbedingungen verarbeitet wurde? Beachte ich dabei Zertifizierungen und Siegel (z.B. Demeter-Zertifizierung und Neuland-Siegel)?
Weiterhin können wir mit Forderungen Druck auf die Politik ausüben. So können wir bessere Arbeitsbedingungen in den Betrieben vor unseren Haustüren fordern. Wir können die Durchsetzung stärkerer Kontrollen und die Verschärfung von Gesetzen fordern. Eine menschenwürdige Behandlung der Arbeitnehmer*innen und ein Ende der ausbeuterischen Praktiken zu fordern, sollte selbstverständlich sein! Wir können laufende Initiativen in der Politik unterstützen.
Beispielsweise hat der SPD-Minister Hubertus Heil im Sommer 2020, nach dem Auftreten der Skandale aus der Fleischindustrie, ein Arbeitsschutzkontrollgesetz vorgelegt. Dieses soll die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer*innen erheblich verbessern. Derzeit wird die Durchbringung des Gesetzes durch die CDU und die CSU ausgebremst.
Unsere Reihe zum Thema Arbeitsmigration hat einen Hintergrund: Die 63. Aktion Dreikönigssingen mit ihrem Motto „Kindern Halt geben. In der Ukraine und weltweit!“
Das Thema der diesjährigen Aktion Dreikönigssingen ist „Arbeitsmigration“, das Beispielland ist die Ukraine. Arbeitsmigration heißt, dass Menschen in einem anderen als in ihrem Herkunftsland einer Erwerbstätigkeit nachgehen. In der Ukraine ist das häufig der Fall. Bei einer Bevölkerung von knapp 42 Millionen Menschen gehen nach einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation ca. 1,5 Millionen Ukrainer*innen einer Arbeit im Ausland nach. Der Grund dafür ist die schwierige wirtschaftliche Situation in der Ukraine. Diese verursacht Armut, mangelnde Einkommensmöglichkeiten, hohe Arbeitslosigkeitszahlen und niedrige Gehälter. Viele Ukrainer*innen arbeiten deshalb unter ausbeuterischen Bedingungen im Westen Europas und müssen eine Trennung von ihrer daheimgebliebenen Familie in Kauf nehmen. Kinder müssen auf ein Elternteil, manchmal sogar auf beide Elternteile, verzichten.
Text: Mirjam Tannenbaum / BDKJ Aachen