Grafik: Jessica Starzetz / BDKJ Aachen

Katholische Jugendverbände fordern die Einführung eines Segensritus für gleichgeschlechtliche Partnerschaften im Bistum Aachen

22. Januar 2021

Einen neuen Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen, Anerkennung und Wertschätzung verlangen die katholischen Kinder- und Jugendverbände im Bistum Aachen

Aachen, 22.01.2021. Gestern hat die digitale außerordentliche Diözesanversammlung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Diözesanverband Aachen stattgefunden, bei der nicht nur ein Antrag zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der katholischen Kirche einstimmig und mit viel Zuspruch beschlossen worden ist. Ebenso wählten die Delegierten zwei neue hauptamtliche Vorsitzende, die ihren Dienst ab April 2021 antreten werden.
Die katholischen Kinder- und Jugendverbände im Bistum Aachen bitten ihren Bischof Dr. Helmut Dieser dringend, eine sichtbare Pastoral für gleichgeschlechtlich Liebende zu etablieren und einen Segensritus für ihre Beziehungen einzuführen.

Pastorale Notlage in der katholischen Kirche

Das Thema „Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“ verursacht eine dreifache Not in der katholischen Kirche, erklären die katholischen Kinder- und Jugendverbände. Zum einen herrsche eine große Not unter den Gläubigen, die sich einen Segen für ihre Beziehung wünschen und sich durch die Verweigerung dessen bewusst ausgegrenzt und diskriminiert fühlten. Doch auch pastorale Mitarbeiter*innen, die zunehmend für Segensfeiern von gleichgeschlechtlichen Paaren angefragt würden, seien großen Gewissensnöten ausgesetzt. Sie wollten den Segen spenden, die arbeitsrechtliche Situation verbiete es jedoch. Zum anderen befürworten viele Katholik*innen in Deutschland, besonders junge Menschen, die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die Starrheit der katholischen Kirche mache ihnen, ihrer Beziehung zur Kirche und ihrem Glauben zu schaffen.

Ein Segen ist keine moralische Bewertung für Handeln

Die katholischen Kinder- und Jugendverbände betonen, dass ein Segen keine moralische Bewertung für Handeln und es nicht seine Funktion sei, moralische Urteile zu fällen. Ein Segen komme von Gott und nicht von der katholischen Kirche oder von Menschen, die den Segen vermittelten.
Bei der Segnung einer Partnerschaft sei das Geschlecht der um Segen bittenden Menschen irrelevant. Im Vordergrund stehe die Gottesbeziehung des Paares und ihre Beziehung zueinander. Gesegnet werde die gelebte Liebe, ihre Treue, die gegenseitige Verantwortung und die Weggemeinschaft des Paares.

Vielfältige Segenspraxis in der katholischen Kirche vorhanden

Liturgisch gesehen ist die Einführung eines Segensritus für gleichgeschlechtliche Paare möglich, da die Segenspraxis der katholischen Kirche zahlreiche Segensformulare kenne. Die Anpassung eines Segensformulars an die Segnung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist denkbar.

Auch kirchenrechtlich betrachtet ist es im Bereich des Möglichen, dass Bistümer eigene liturgische Formulare entwickeln. Bischöfe können in ihrem Zuständigkeitsbereich, in ihrer Diözese, die Einführung eines Segensritus für gleichgeschlechtliche Paare bewirken.

Ebenso fordert Papst Franziskus in seiner Enzyklika Evangelii Gaudium eine „heilsame Dezentralisierung“. Er sieht die Möglichkeit von Einzelwegen in der Weltkirche, wenn sie vom jeweiligen Volk Gottes gefordert werden. Weitere Veröffentlichungen des Papstes, wie das Schreiben Amoris Laetitia, bestärken die katholischen Jugendverbände im Bistum Aachen in ihrer Forderung, die katholische (Sexual-)Moral auf die komplexen Lebensverhältnisse der Gläubigen hin anzupassen. Nicht alle moralischen Diskussionen müssten durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden, so Papst Franziskus in Amoris Laetitia 3.

Einführung eines Segensritus nur ein erster Schritt

Neben ihrer ausführlichen Erklärung, dass die Einführung eines Segensritus in den einzelnen Diözesen – so auch im Bistum Aachen – nötig und möglich ist, betonen die katholischen Kinder- und Jugendverbände, dass dies nur ein erster Schritt, ein erster Aufbruch in die richtige Richtung sei.

Darüber hinaus erwarten die Kinder- und Jugendverbände im Bistum Aachen eine Haltung der aufrichtigen Wertschätzung gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Dazu gehöre auch eine breitere sakramententheologische Reflexion von Partnerschaften und Liebesbeziehungen mit dem Ziel, jede Diskriminierung und Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Orientierung zu überwinden.

Neue hauptamtliche BDKJ Diözesanvorstände ab April 2021

Elodie Scholten wurde auf der außerordentlichen Diözesanversammlung 2021 zur neuen nicht-männlichen Vorsitzenden gewählt.

Ein weiterer Schwerpunkt der außerordentlichen BDKJ Diözesanversammlung waren die Wahlen zum hauptamtlichen nicht-männlichen Diözesanvorstand (w/d) und zum nicht-weiblichen Diözesanvorstand (m/d). Fünf engagierte und motivierte Kandidat*innen warben um die Ämter. Gewählt wurden Elodie Scholten und Dominik Herff, die ihren Dienst beide ab dem 01. April 2021 antreten werden.

Dominik Herff wurde auf der außerordentlichen Diözesanversammlung 2021 zum neuen nicht-weiblichen Diözesanvorsitzenden des BDKJ Aachen gewählt.

Elodie Scholten ist bereits seit Januar 2020 als Referentin für Kinder- und Jugendpolitik im BDKJ Aachen tätig gewesen. In ihrem Heimatbistum Essen wurde sie früh Mitglied der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG), in der sie sich bis heute ehrenamtlich engagiert. „Gerade die mutigen Wege, die wir Jugendverbandler*innen im Hinblick auf kirchenpolitische Prozesse und spirituelle Momente gehen, verdeutlichen mir immer wieder, wie sehr gesellschafts- und kirchenpolitische Themen verzahnt sind“, erklärt Scholten. „Wir sind ein aktiver und innovativer Teil der katholischen Kirche – ein Fakt, den es immer wieder aufzuzeigen gilt. Für diese für mich einzigartige Form der Jugendarbeit möchte ich im Vorstandsteam des BDKJ Diözesanverbandes Aachen Verantwortung übernehmen!“

Dominik Herff engagierte sich bereits über 20 Jahre in der katholischen Kinder- und Jugendarbeit im Bistum Aachen. Zunächst als Mitglied der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) und später in verschiedenen Gremien des BDKJ Aachen, lernte er die Kinder- und Jugendarbeit kennen und lieben. „Oft wird gesagt, wie wichtig die Kinder in unserer Gesellschaft sind. Leider handelt es sich häufig nur um leere Worte“, beschreibt Herff. Weiter erklärt er: „Gemeinsam mit den Mitglieds- und Regionalverbänden möchte ich in unserer Gesellschaft und unserer Kirche Veränderungen im Sinne von jungen Menschen anstoßen und mitgestalten. Wichtig sind mir dabei Gleichberechtigung, Partizipation und Mitbestimmung. Wir sollten nicht über, sondern mit Kindern und Jugendlichen sprechen. Dafür braucht es nicht nur Willenserklärungen, sondern auch den Mut zu strukturellen Veränderungen.”


Text: Jessica Starzetz / BDKJ Aachen
Bilder: privat
Grafik: Jessica Starzetz / BDKJ Aachen

Hier findet ihr den gesamten Beschluss zur Forderung der Einführung eines Segensritus für gleichgeschlechtliche Partnerschaften im Bistum Aachen der außerordentlichen BDKJ Diözesanversammlung:
Beschluss Nr. 1 Anerkennung, Wertschätzung, Segnung. Für einen neuen Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen, a.o. DV 2021