Am frühen Morgen um 4 Uhr versammelten sich 34 Mitglieder der Kinder- und Jugendverbände des BDKJ sowie des Diözesanrats in Aachen, bereit für ein aufregendes Abenteuer in Kolumbien. Mit einem Reisebus machten wir uns auf den Weg zum Flughafen in Amsterdam, wo wir nach einem kurzen Aufenthalt unseren Flug nach Bogotá antraten.
Der erste Tag in der Hauptstadt Kolumbiens stand ganz im Zeichen des klassischen Sightseeings, um nach dem langen Flug anzukommen. Unser erstes Ziel war der beeindruckende Pilgerort Monserrate. Der Cerro de Monserrate erhebt sich majestätisch auf 3.152 Metern im Stadtbezirk Santa Fe. Mit der Seilbahn schwebten wir auf den Berg und genossen eine atemberaubende Aussicht auf die weitläufige Stadtlandschaft, die sich wie ein großes, lebendiges Mosaik vor uns ausbreitete.
Ein weiterer Höhepunkt unseres Stadtspaziergangs war der Plaza de Bolívar, umgeben von einigen der wichtigsten Gebäude der Stadt: im Norden der Justizpalast, im Süden das Nationale Kapitol, im Osten die Metropolitan-Kathedrale von Bogotá und im Westen der Liévano-Palast, Sitz des Bürgermeisters von Bogotá. Der Plaza de Bolívar ist nicht nur ein historischer Ort, sondern auch ein lebendiges Zentrum des kolumbianischen Lebens.
Der erste Tag in Kolumbien endete mit vielen Eindrücken. Bogotá ist eine lebhafte Stadt, in der Arm und Reich aufeinandertreffen und das Stadtbild prägen. Einige eindrucksvolle Murales (Graffiti) weisen auf die gesellschaftlichen Gegensätze hin. Besonders im Stadtteil La Candelaria findet man zahlreiche Murales, die nicht nur das Stadtbild verschönern, sondern auch Geschichte und Politik des Landes reflektieren.
Am zweiten Tag machte sich die gesamte Gruppe auf den Weg nach Ibagué. Während sich die Jugendverbände des BDKJ auf den Besuch ihrer Projektpartner*innen vorbereiteten, hieß es für die Reisenden des Diözesanrates Mückenspray und Sonnenhut einpacken. Mit 3 robusten Autos ging es auf eine 2-tägige Tour in die Städte des Bundesstaates Tolima mit der größten indigenen Bevölkerung: Natagaima, Coyaima und Ortega.
Die erste Station war die indigene Gemeinde Pijao Palma Alta. Dort sprachen wir ausführlich über die Unterdrückung der indigenen Völker und wie sie sich aus den Händen der Großgrundbesitzer befreiten
und sich vor allem organisierten, um auf nationaler und internationaler politischer Ebene Rechte zu erlangen und ihre Grundrechte zu sichern. Dieser Kampf „Lucha“ begann vor ca. 30 Jahren und ist noch nicht zu Ende, wie wir im weiteren Verlauf der Reise erfahren werden. Besonders beeindruckt war die Reisegruppe von der politischen Organisation der Gemeinden in Kolumbien auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene. Dazu muss man wissen, dass sich die indigenen Gemeinden als eigener Staat verstehen: Sie haben ihre begrenzten Gebiete, in denen sie leben, sie versuchen so gut es geht, eine Autonomie in der Ernährung aufrecht zu erhalten und ihre Cosmovision zu bewahren. Dazu gehört auch die Wiedergewinnung von reinem Saatgut. Große agroindustrielle Unternehmen, die Monokulturen im großen Stil betreiben und Pflanzen und Erde mit Pestiziden vergiften, haben auch Teile des indigenen Bodens verseucht und das Saatgut kontaminiert. Um ihre Ernährungsautonomie zu sichern, ist es für die indigenen Gemeinschaften sehr wichtig, über eigenes, reines Saatgut zu verfügen. Zudem haben die indigenen Gemeinschaften durch das vergiftete Saatgut die Auswirkungen auf ihre Gesundheit erfahren. Durch die autonome Ernährung mit reinem Saatgut sind viele Krankheiten wie z.B. Krebs aus den Gemeinden verschwunden.
Am vierten Tag der Reise konnten die Mitglieder der Reisegruppe des Diözesanrates etwas ganz Besonderes erleben: Gemeinsam mit der Comunidad Indígena Pijao Chiquinima ging es in einer zeremoniellen Wanderung über den Fluss zum Grab des Befreiungskämpfers Quintin Lame. Wegen der Regenschauer am Morgen war es nicht einfach, den Fluss Ortega zu überqueren. Am Fuße des Berges fand eine Reinigungszeremonie statt, um das Grab von Quintin Lame besuchen zu können.
Quintin Lame war eine wichtige Figur in der kolumbianischen Geschichte, bekannt für seinen Einfluss auf die soziale und politische Landschaft des Landes. Er wurde 1900 in der Region Cauca geboren und war ein Vertreter der indigenen Bevölkerung. Lame setzte sich für die Rechte der indigenen Völker Kolumbiens ein und kämpfte gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit, denen diese Gemeinschaften ausgesetzt waren. Eine seiner wichtigsten Errungenschaften war die Gründung der „Indigenen Union“, die es den indigenen Gemeinschaften in Kolumbien ermöglichte, sich zu organisieren und für ihre Rechte einzutreten.
Während der gesamten Wanderung, bei der Zeremonie und am Grab von Quintin Lame rauchten die Vertreter*innen der indigenen Gemeinde Zigarren. Sie gaben uns Zigarren, die wir auf das Grab legten. Das Rauchen von Zigarren ist ein wichtiges Ritual, um sich mit der Natur und den göttlichen Energien der Pachamama (Mutter Erde) in Einklang zu bringen.
Mehr Informationen zu Quintin Lame und den indigenen Gemeinden Piajo gibt es hier.
Nach der Besichtigung ging es zur letzten Station des Tages: Wir besuchten die Comunidad Indígena Pijao Kiloca Playa Verde. Auch diese Gemeinde ist politisch sehr aktiv und kämpft für ihre Rechte. Sie leben in einem Gebiet, in dem Ölbohrungen stattfinden, was ihre Lebensweise beeinträchtigt, da das Öl und die Bohrungen ihre Umwelt verschmutzen. Für sie ist es sehr wichtig, für ihre Rechte zu kämpfen und so ging es in dem Gespräch darum, wie wir in Deutschland gegen Großkonzerne vorgehen, die die Umwelt verschmutzen oder andere Ungerechtigkeiten begehen. Wir erzählten von den Aktivist*innen im Rheinischen Revier und wie der Diözesanrat durch politische Arbeit versucht, gegen den Riesen RWE anzukommen.
Die zwei Tage waren sehr informativ, sehr beeindruckend und gleichzeitig sehr anstrengend. Wir sind gespannt, was uns die weitere Reise noch bringen wird.